Gärten im Ostseeraum: Ein maritimes Erbe im Wandel
Personen
Verantwortlich: Antje Kempe
Inhalt
Obgleich Anthropozän und Klimakrise derzeit als Paradigma und Transformationsprozess verstanden werden, ist eine Fragmentierung zwischen Diskurs/Theorie und Praktiken festzustellen: Einerseits haben theoretische Ansätze eines Posthumanismus und Neuen Materialismus multiple Verflechtungen des Menschen mit der Natur, Fragen nach Pflanzen und Tieren als Akteure oder des Meeres als Raum hervorgehoben. Andererseits werden in einem beispiellosen Umfang ehemalige Hafengebiete um- und in einem noch nie dagewesenen Ausmaß die Meere bebaut. Vor diesem Hintergrund befasst sich das Forschungsprojekt mit der Frage, wie liminale Wasserlandschaften jenseits von landbasierten Begrifflichkeiten definiert werden können. Ausgehend von der Denkfigur der liquid environments wird untersucht, wie Wasser und Pflanzen nicht nur als Ressource, sondern als co-Autoren von Landschaftsgestaltung anzusehen sind.
Mit einem Fokus auf Garten- und Landschaftsarchitektur als Konzept, durch das sich am besten die Aneignung von Landschaft verstehen lässt (Vogt/Burckhardt 2021), und verwandten künstlerischen Praktiken wird in einer diachronen Perspektive vom 17. Jahrhundert bis heute Trans-formationen liminaler Räume untersucht. Indem die Entwicklung vom Barockgarten (z.B. Drottningholm, Österna oder Öster Malma) bis zu den heutigen urbanen Agglomerationsräumen mit ihren Wasserfronten in ehemaligen Hafengebieten (Oslo, Kopenhagen, Göteborg, Danzig) nachgezeichnet wird, soll die Vorstellung überwunden werden, dass Garten- und Landschaftsarchitektur lediglich durch menschliche Arbeit und Gestaltungsprozesse strukturiert ist, sondern als von Menschen und nicht-menschlichen Akteuren gleichermaßen gestalteter Raum. Auf diese Weise sollen Konzepte wie agency und co-habitation, die im Posthumanismus und in Theorien der neuen Materialität entstanden sind und in der zeitgenössischen künstlerischen Praxis breite Anwendung finden, auf ihre Grenzen und Tragfähigkeit für die Landschaftsarchitektur hinterfragt werden. Das Projekt ist somit an der Schnittstelle von Diskursen zur Kritik des Anthropozäns, dem Konzept des Planetarischen Gartens des französischen Landschaftsarchitekten und Philosophen Gilles Cléments und den vielfältigen Ansätzen einer Blue Humanities angesiedelt, um über menschliche und nicht-menschliche Verflechtungen in Gestaltungsprozessen zu reflektieren. Auf diese Weise zielt das Projekt auch darauf ab, die Interpretation des Erbes zu erweitern, die in der Forschung immer noch von Konzepten wie Stabilität, Eigentum und Werten bestimmt wird.
Eine zu entwickelnde digitale Anwendung hat zum Ziel, den räumlichen und gestalterischen Wandel des Kungssträtgården in Stockholm vom 17. Jahrhundert bis heute in einer digitalen Umgebung erfahrbar zu machen.
Ausgewählte Aktivitäten
Workshop "Resilience–Meanings, Practices, and Capacities of Change in Nordic Landscapes"
EVENT/ International workshop in collaboration with the Research Centre for Manors in the Baltic Sea Region at the Alfried Krupp Insitute for Advanced Studies, 8–9 Novembre 2023
In recent years, resilience has experienced increasing meaning and has become both a buzzword and a guiding principle in the face of various crises and hazards. The workshop focuses in the question how to adapt the term to analyze historical and ongoing transformation processes of Nordic landscapes. By asking how to build the capacity to deal with and how to shape change, we are interested in examining how the trajectories of preservation, resistance, and transformation relate to each other. more
Vorlesungsreihe "Pflanzen, Macht und Geld. Die ökonomische Botanik und ihre kolonialen Verflechtungen"
Gemeinsame Vortragsreihe des Instituts für Botanik und Landschaftsökologie, des Lehrstuhls Nordische Geschichte, des Herrenhauszentrums des Ostseeraums und des Projektes Geteiltes Erbe im WS 2023/24
EVENT/
Vorträge
Nature Shipping. Remarks on the Contemporary Ideas of Cultural Heritage, 35th CIHA World Congress MOTION: Migrations (São Paulo, 17.–21. Januar 2022)
Gardens at the Seashore. Perspectives and Limitations of Water Landscapes, 68th Annual Meeting of Renaissance Society of America, Session: Making Green Worlds (Dublin, 30. März–2. April 2022)
Melting Point: Imaginations and Critical Narratives of the Arctic, Ringvorlesung “Developments, Crisis, Turning Point”, Universität Greifswald SS 2021
Maritime and Underwater Heritage – a Cultural History of the Baltic Sea, BalticRIM Webinar (10.09.2020)
Grow and Flow. New Semantics of Water in Contemporary Gardens, international conference Cultural Landscape: Content, Perception, Transformation. The Baltic States in European Garden Culture (Riga, 14.–17. September 2019)