Diffusion von Innovationen der Daseinsvorsorge am Beispiel der Gesundheitsversorgung
Die Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Leistungen, wie z. B. Gesundheitsversorgung, Schulbildung, Elektrizität und Straßenanschluss ist eine Grundbedingung für die menschliche Entwicklung. Die Regierungen der einzelnen Länder übernehmen Verantwortung für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit diesen Leistungen der Daseinsvorsorge. Dies impliziert nicht automatisch, dass die Regierungen diese Leistungen auch selbst erstellen müssen, sie haben jedoch die Verantwortung. Im ländlichen, peripheren Raum ist eine zentrale Planung und Organisation besonders wichtig, da hier der freie Markt nicht automatisch dafür sorgt, dass an jedem Ort eine ausreichende Erreichbarkeit von quantitativ wie qualitativ ausreichenden Leistungen der Daseinsvorsorge gewährleistet ist.
Das Gesundheitswesen ist ein Beispiel für Daseinsvorsorge im ländlichen Raum, das von besonders existentieller Bedeutung ist. Während ein Leben mit weiter entfernteren Schulen (bis hin zum Internat), ohne Strom und mit schlechten Straßen auf dem Land grundsätzlich möglich ist, impliziert eine Region ohne eine von der Bevölkerung als ausreichend wahrgenommene Gesundheitsversorgung praktisch eine Unbewohnbarkeit. Es geht bei den meisten Gesundheitsdienstleistungen wortwörtlich um Leben und Tod. Deshalb wird in diesem Teilprojekt das Gesundheitswesen exemplarisch für die Daseinsvorsorge im ländlichen Raum analysiert.
Hierbei ist festzuhalten, dass die Ressourcen, Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der Gesundheitsversorgung in den Ländern des Ostseeraums sehr unterschiedlich sind. Bei genauerer Betrachtung unterscheiden sich jedoch nicht nur die Ressourcen und Ergebnisse, sondern auch die Methoden der Leistungserstellung im Gesundheitswesen. Während einige Unterschiede historisch bedingt sind (z. B. nationale Gesundheitsdienste mit Steuerfinanzierung in Skandinavien, Bismarck’sche Sozialversicherung in Deutschland), sind andere Unterschiede auf Innovationen der Gesundheitsversorgung zurückzuführen, die in den Ländern in den letzten Jahrzehnten eingeführt wurden. Beispielsweise gelten Estland und Dänemark als Vorreiter des E-Health, d. h., der Nutzung moderner digitaler Kommunikations-, Verarbeitungs- und Speichertechniken im Gesundheitswesen. Deutschland hingegen zählt zu den Schlusslichtern innerhalb der OECD. Doch warum finden derartige Innovationen nicht den Weg von Dänemark und Estland nach Deutschland?
Dieser grundsätzlichen Frage nach der Entstehung und Verbreitung von Innovationen im Gesundheitswesen wird in diesem Teilprojekt nachgegangen.