Gender-Politiken

Dieser Teilbereich fokussiert auf verfremdete dystopische und utopische Narrative in den politischen Agenden der neu-nationalistischen Akteur*innen in Bezug auf Geschlechterrollen und Geschlechterverhältnisse. Gender-Politiken werden in neunationalistischen Bewegungen hoch emotionalisiert und ständig diskutiert, sie bieten gleichzeitig wichtige Anknüpfungspunkte zu konservativen und (national)liberalen Milieus. Ziel ist es, das binäre Geschlechtersystem sowie traditionelle Rollen innerhalb der Familie als Norm zu stärken, um von Feminist*innen und queeren Bewegungen hervorgebrachte politische und soziale Entwicklungen und Liberalisierungen zurückzudrängen oder zu verhindern. Ähnlich wie im Bereich Geschichtspolitik steht hier die Neu-Besetzung von Begriffen wie Feminismus, Gender und Gleichstellung im Mittelpunkt der narrativen – und in deren Folge auch politischen – Strategien. „Gender“ wird in neu-nationalistischen dystopischen Narrativen als negativ konnotierter Sammelbegriff benutzt: für Gleichstellungsmaßnahmen, LGBTIQ Rechte, reproduktive Rechte, vielfältige Familienkonzepte etc. Der dem dystopischen Status quo entgegengestellte utopische Entwurf ist eine Mischung aus konservativen, historisch regressiven und innovativen Elementen und lässt sich keineswegs einfach mit Schlagworten wie „Frauen zurück an den Herd“ oder „zurück in die 1950er Jahre“ beschreiben. Aufgrund der Relevanz von Genderpolitiken für alle gesellschaftlichen Bereiche bietet dieser Teilbereich starke Überschneidungen mit anderen Forschungsbereichen. Die Bedeutung von Geschlechterdiversität in militärischen Verbänden ist unzureichend untersucht und wirft auch die Frage auf, welche Positionen neo-nationalistische Akteur*innen hierzu beziehen. Gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung, etwa im Bereich von Schwangerschaftsabbrüchen und Hormontherapie, ist ein zentrales reproduktives Recht, das in neu-nationalistischen Politiken eingeschränkt und delegitimiert wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit diese Besinnung auf sogenannte traditionelle Wertenormen das Aufbrechen von Genderrollen, die Ausprägung eines modernen Familienbildes und die Ausprägung eines Bewusstseins für gendergerechten Sprachgebrauch hemmt.